Hintergrundinformation
In der NRZ Kleve gab es mehrere Berichte zu einem Umweltskandal, der erst jetzt einem breiteren Publikum bekannt gemacht wurde. Zum Hintergrundartikel NRZ-Kleve
Es geht um die gängige Praxis der Binnenschifffahrt, Gase aus den Resten des Tankinhaltes von Chemikalien und Erdölprodukten zu “ventilieren” oder schlicht gesagt in die Luft zu blasen. Dabei werden Kohlenwasserstoffe, Benzol, krebserregende und mutagene Stoffe in die Umwelt abgelassen. Während in Deutschland diese Praxis nach § 20 des Bundesimmissionsschutzgesetzes verboten ist, ist diese Praxis in den Niederlanden nach unseren Recherchen noch bis 2023 erlaubt. Kurz hinter der Grenze werden die Tanks “belüftet”, so dass auch das deutsche Grenzgebiet betroffen ist.
Das Entgasen während der Fahrt wird illegalerweise auch in Deutschland praktiziert, da es nicht kontrolliert wird! Die Dunkelziffer ist sehr hoch. Eine Ermittlung konkreter Daten ist schwierig, da entsprechende Daten laut Umweltbundesamt (UBA) nicht gesammelt werden.
Die Regionalratsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Thema auf die Agenda setzen lassen.
CDNI-Abkommen
Das entsprechende internationale CDNI-Abkommen befindet sich seit mehr als 10 Jahren in der Warteschleife!
Das “Übereinkommen über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt (CDNI) vom 9. September 1996, Straßburg” soll jetzt um die Entsorgung gasförmiger Abfallstoffe ergänzt werden. In diesem Abkommen zwischen den Staaten Deutschland, Belgien, Frankreich, Luxemburg, Niederlande und der Schweiz wird das Entgasungsverbot verhandelt. Allerdings auch zwischen den Ministerien von Bund- und Land hier und in den jeweiligen Staaten. Es muss von allen Parlamenten der Staaten ratifiziert werden – das dauert!
Dazu kommt, dass die nötige Entsorgungs-Infrastruktur zum Entgasen fehlt!
In Deutschland gibt es nur eine einzige Anlage zum ordnungsgemäßen Entgasen in Lingen, in den Niederlanden gibt es eine Anlage am Hafen Rotterdam. Damit bestehen viel zu wenige technische Möglichkeiten für die Binnenschiffer ihre Tanks ordnungsgemäß zu entgasen. Stattdessen wird meistens während der Fahrt entgast. Die Niederländer sprechen von Entgasungstourismus und schätzen, dass ca. 2.000 solcher Vorgänge auf ihrem Staatsgebiet stattfinden, sie sehen dies als größtes Umweltproblem ihres Landes an.
Technische Lösungen für das Problem stehen zur Verfügung
Das UBA hat 2014 eine Machbarkeitsstudie zum Ausbau der Infrastruktur der Entsorgung veröffentlicht.
An den Entsorgungsanlagen gibt es bisher wenig Interesse, da mit dem “Ventilieren” die Kosten des Reinigens gespart werden und vor allem die Dauer der Liegezeit (um mehrere Stunden) reduziert wird. In den Niederlanden soll es Techniken geben, die das gewonnene Gas wiederverwendbar macht.
Um diesen Umwelt-Skandal in die Öffentlichkeit zu bringen und Lösungen zu forcieren, haben sowohl die GRÜNEN im Bundestag als auch im Landtag und bei der Bezirksregierung Düsseldorf Anfragen zu diesem Thema gestellt:
Anfrage der GRÜNEN im Landtag und Antwort der Landesregierung NRW, 27.12.2018
Anfrage der GRÜNEN im Bundestag und Antwort der Bundesregierung, 21.01.2019
Anfrage und Antwort der Bezirksregierung Düsseldorf, 24.01.2019
Erneute Anfrage der GRÜNEN Regionalratsratsfraktion an die Bezirksregierung 12.09.2019
Die Antworten der Verwaltungsebenen sind auffallend nichtssagend, sie offenbaren ein großes Ausmaß an Untätigkeit. Die Zuständigkeiten sind unklar oder werden hin- und hergeschoben.
Pressemitteilung der Regionalratsfraktion, Januar 2019
Presse der NRZ-Kleve:
Entgast wird während der Fahrt, NRZ-Kleve 18.10.2018
Kontrolle kaum möglich, NRZ-Kleve 12.11.2018
Lösungen sind bislang nicht gewollt, NRZ-Kleve 23.11.2018
Verwandte Artikel
Die Einrichtung von Wasserschutzzonen eine unendliche Geschichte ?
Die vergangenen Anfragen legten dar, dass zahlreiche Verfahren zur Einrichtung der Wasserschutzzonen, zum Teil über Jahrzehnte nicht abgearbeitet wurden.
Die erneute Anfrage vom 07.11.2023 dient dazu den aktuellen Sachstand zu ermitteln.
Weiterlesen »
A3 Anschlusstellensanierung ohne Berücksichtigung der “Temporären Seitenstreifenfreigabe”?
Den Medien ist zu entnehmen, dass die Anschlussstellen Solingen/Langenfeld für ca.18,5 Mio. € von März 2024 beginnend für einen Zeitraum von ca. 1,5 Jahren ertüchtigt werden sollen. Die „TSF“ wird von den Anrainerkommunen (z. B. Langenfeld, Hilden und Solingen) gegenüber dem achtspurigen Ausbau des betreffenden Streckenabschnittes unisono präferiert und gefordert.
Weiterlesen »
GRÜNE Forderungen an die neue Leitentscheidung 2023
GRÜNE Forderungen an die neue Leitentscheidung 2023
Am 15.06.23 hat das Wirtschaftsministerium NRW (MWIKE) die Arbeitentwürfe zur neuen Leitentscheidung 2023 im Braunkohleausschuss (BKA) vorgelegt. Unsere Regionalratsfraktion Düsseldorf hat sich eingehend mit den Leitsätzen des Arbeitsentwurfes der Landesregierung NRW auseinandergesetzt.
Den vollständigen Antrag dazu haben wir Ihnen verlinkt.
Weiterlesen »