Schwarz-Gelb setzt umstrittene Änderungen für den Kiesabbau durch
Gegen den Widerstand von Kommunen und Bürgerinitiativen und den Rat von Experten wurden weitreichende Änderungen im Umgang mit dem Abgrabungsrecht durchgesetzt.
Die Brisanz der Gesetzesänderung im Landesentwicklungsplan (LEP) ist, dass diese Änderungen zeitverzögert erst nach der in wenigen Jahren anstehenden Fortschreibung des Regionalplanes Düsseldorf voll zuschlagen werden. Für das Plangebiet des Regionalverbandes Ruhr (RVR) sind die Auswirkungen schon spürbar und bringen die Bürger*innen auf die Barrikaden.
Aufgrund der komplexen Gesetzeslage ist es uns ein Anliegen, die Auswirkungen auf die zukünftige Abgrabungspolitik für Kommunalpolitiker*innen und Interessierte ausführlich darzustellen.
Als erste und weitreichendste Änderung wurde die bisher im Gesetz als verpflichtende Festlegung geltende Vorgabe, Bereiche für die Abgrabungen als “Vorranggebiete mit Eignungswirkung” auszuweisen, aufgehoben.
Was heißt das?
Die verpflichtende Festlegung von “Vorranggebieten mit Eignungswirkung” bedeutet, dass die Regionalplanungsbehörde in einem stringenten Konzept die Abgrabungsflächen für den Bedarf von 25 Jahren in den Regionalplänen auszuweisen haben.
Die planerische Formel “Vorranggebiete mit Eignungswirkung” schließt aus, dass von der Kiesindustrie zu anderen Flächen Anträge gestellt werden können. Auch nicht nach Bergrecht.
Nur die von der Regionalplanung ausgewiesenen Abgrabungsbereiche, sogenannte BSAB (Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze) dürfen beansprucht werden.
Damit ist die Steuerungswirkung der Regionalplanung für den Rohstoffabbau auf weniger konfliktträchtige Bereiche möglich. Damit war auch sichergestellt, dass die Kiesindustrie keine Abgrabungsanträge außerhalb der dargestellten Flächen beantragen konnte. Diese ursprüngliche Regelung entfaltete so eine sogenannte “Ausschlusswirkung” für alle anderen Flächen.
Die verpflichtende Festlegung von Vorranggebieten mit Eignungswirkung ist von der CDU/FDP Landesregierung aufgehoben worden, um den Rohstoffabbau zu vereinfachen.
Vergleiche die Pressemitteilung des NRW Wirtschaftsministeriums
Die Schwarz-gelbe Landesregierung fasst das Ziel 9.2 – 1 “Räumliche Festlegung” im neuen Landesentwicklungsplan wie folgt:
„9.2 – 1 Ziel Räumliche Festlegungen für oberflächennahe nichtenergetische Rohstoffe für die Rohstoffsicherung sind in den Regionalplänen als Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze für nichtenergetische Rohstoffe als Vorranggebiete oder als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten festzulegen.“
Die unter Rot-Grün garantierte Steuerungsplanung durch die Regionalplanung ist nur noch als Option im Gesetz benannt
Die jetzt nur noch als Option ausgestaltete Regelung stellt es der Regionalplanung frei, ob sie ein geordnetes Gesamt-Konzept mit “Ausschlusswirkung” für andere Flächen wählt, oder die deregulierende Variante wählt.
Der Regionalrat muss zukünftig, wenn er ein Steuerungskonzept der Abgrabung erhalten will, dies gesondert rechtlich begründen. In der Erläuterung zum Gesetz befindet sich der Hinweis: “In besonderen Konfliktlagen kann die Regionalplanung die Vorranggebiete mit Eignungswirkung ausweisen”. Da der Begriff “besondere Konfliktlage” ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, wird darin ein großes Erschwernis für die Gerichtsfestigkeit des Regionalplanes gesehen.
Der Regionalplan Düsseldorf steht seit Jahrzehnten unter juristischem Dauerbeschuss. Die Landesregierung schafft nun einen zusätzlichen Angriffspunkt für Kiesindustrie.
Die zweite Änderung umfasst die Ausweitung des Versorgungszeitraumes von 20 auf 25 Jahre. Für die Bedarfsberechnung der nächsten 25 Jahre wird die Absatzmenge der letzten drei Jahre einschließlich hoher Exportraten zugrunde gelegt. Der Bedarf für NRW alleine wäre deutlich geringer und als Maßstab unter ökologischen Gesichtspunkten geeigneter.
Die dritte Änderung umfasst das Ziel 9.2 – 3 Fortschreibung:
Die Fortschreibung der Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze für nichtenergetische Rohstoffe hat so zu erfolgen, dass ein Versorgungszeitraum für Lockergestein von 15 Jahren und für Festgesteine von 35 Jahren nicht unterschritten wird. Bislang waren 10 Jahre und 25 Jahre vorgesehen.
Fazit:
- Die Steuerungswirkung der Regionalplanung hat eine wesentliche rechtliche Schwächung erfahren.
- Die neuen Rechtslage wurde mit einer Ausweitung der auszuweisenden Flächen begleitet, was eine Verkürzung der Frist, in der die Regionalplanung Flächen nachlegen muss, “zur Folge” hat.
- So wird eine landeseinheitliche Vorgehensweise der fünf Bezirksregierungen und des Regionalverbandes Ruhr (RVR) erschwert. Dies schwächt zudem die rechtliche Position der Regionalräte. Ein geordnetes Gesamt-Konzept für den Rohstoffabbau muss besonders begründet werden, was erhebliche rechtliche Risiken und Hürden bedeuten kann.
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