Schwarz-Gelbe-Landesregierung fällt mit LEP vor dem Oberverwaltungsgericht durch
Unzählige Kiesgruben und Baggerlöcher haben bereits große Teile der einzigartigen niederrheinischen Kulturlandschaft zerstört.
Jahrzehntelanger Protest dagegen war bisher wenig erfolgreich. Der angebliche Bedarf der Kies- und Baustoffindustrie galt als unumstritten. Dabei ist bis heute nicht geklärt, ob es der Rohstoffindustrie um regionale, europäische oder gar globale Bedarfe geht oder welche Rolle die kreislauforientierte niederländische Rohstoffpolitik bei der nordrhein-westfälischen Bedarfsberechnung spielt.
Klage der Kreise und Städte erfolgreich!
Das könnte jetzt anders werden, denn am 3. Mai 2022 hat das Oberverwaltungsgericht Münster eine umstrittene Verlängerung der Reserve- und Ausweisungszeiträume für oberflächennahe Bodenschätze für unwirksam erklärt. CDU/FDP hatten diese Verlängerung im Koalitionsvertrag im Juni 2017 vereinbart. Mit der „Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan“ vom 12. Juli 2019 erhöhte die Landesregierung den zu sichernden Versorgungszeitraum für Lockergestein (Kies, Sand, Ton) von 20 auf 25 Jahre, für den Kalkabbau von 30 auf 35 Jahre.
Die Versorgungszeiträume im Landesentwicklungsplan (LEP) sind verbindliche Grundlagen für die Bedarfsberechnung und damit für die Anzahl und Größe der im Regionalplan auszuweisenden Abbaugebiete. Bislang stellt der Geologische Dienst des Landes NRW regelmäßig fest, wieviel Sand und Kies abgebaut werden. Aus diesem so genannten Monitoring leitet die Behörde durch Fortschreibung den Bedarf an dem jeweiligen Rohstoff für die kommenden Jahre ab.
Mögliche Folgen der damaligen schwarz-gelben Änderungen für die Düsseldorfer Regionalplanung haben wir hier beschrieben. Das “Aktionsbündnis Niederrheinappell” hat eine Themenseite zum Sand- und Kiesbedarf zusammengestellt.
Große Absatzmengen – bedeuten großen Nachschub für weitere Abbauflächen
Die Verlängerung hätte zur Folge gehabt, dass am Niederrhein hunderte Hektar zusätzlicher Kiesgruben entstanden wären. Die vom Kiesabbau betroffenen Kreise Wesel und Viersen, sowie die Kommunen Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn, Rheinberg und Alpen hatten sich nach einem entsprechenden Rechtsgutachten mit einem Normenkontrollantrag gegen die Anhebung der Versorgungszeiträume gewandt. Die Anhebung entspreche nicht den Anforderungen des Raumordnungsgesetzes, weil es die Landesregierung versäumt habe, den Bedarf in eigener Verantwortung und Abwägung zu ermitteln.
Oberverwaltungsgericht Münster bestätigte die klagenden Kreis und Kommunen
Die Landesregierung habe gegen das Abwägungsgebot verstoßen, verfüge über keine belastbaren Erkenntnisse zum tatsächlichen Rohstoffbedarf und habe in ihrem Verlängerungsbeschluss die Belange, die der Planungssicherheit der abbauenden Betriebe entgegenstehen, nicht hinreichend berücksichtigt.
Die Regionalratsfraktion Düsseldorf begrüßt das Urteil
Dazu Manfred Krause, Fraktionsvorsitzender: “Das Urteil könnte sich womöglich als ein Meilenstein auf dem Weg zu einem maßvollen Rohstoffabbau innerhalb einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft in NRW erweisen.” Die grüne Regionalratsfraktion hat die Düsseldorfer Bezirksregierung gebeten, die rechtlichen Folgen des Urteils für die zukünftige Landes- und Regionalplanung zu bewerten.
Antrag: _LEP_Kies_fin.pdf
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